Der Formel 1-Talk von auto motor und sport
00:00:00: Hallo liebe Motorsport-Freunde,
00:00:01: zu einer weiteren Folge unserer Interviews aus der Welt der Formel 1.
00:00:05: Heute feiern wir eine Premiere.
00:00:07: Zum ersten Mal haben wir gleich zwei Rennfahrer vor der Kamera.
00:00:10: Gerhard Berger und Jean Alesi zählten zu den Stars in ihrer Zeit.
00:00:14: Der Grund, warum wir sie heute im Doppelpack hier haben ist:
00:00:17: Fünf Jahre lang sind sie zusammen im gleichen Team gefahren.
00:00:20: Zuerst für Ferrari, dann für Benetton.
00:00:23: Und trotz aller Rivalität
00:00:24: sind sie immer gut miteinander ausgekommen und bis heute Freunde geblieben.
00:00:29: Wir wollen erfahren, wie das möglich war.
00:00:30: Und wir freuen uns auf viele gute Geschichten aus der damaligen Zeit.
00:00:34: Vielen Dank, Jean. Vielen Dank, Gerhard, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt, mit uns zu reden.
00:00:38: Wir freuen uns riesig auf ein paar spannende Geschichten aus einer tollen Zeit.
00:00:42: Es ist nun 27 Jahre her, dass Ihr das letzte Mal zusammen gefahren seid.
00:00:46: Was, echt?
00:00:47: 27 Jahre, seit wir das letzte Mal zusammen gefahren sind?
00:00:51: für Benetton
00:00:52: Und trotzdem trefft Ihr Euch immer noch, lange nach eurem Karriereende.
00:00:55: Was ist der Grund für dieses Treffen?
00:00:58: Zunächst einmal muss ich zu Gerhard sagen:
00:01:01: Wir hatten immer eine Freundschaft, aber
00:01:07: eine auf einer anderen Ebene.
00:01:08: Wir hatten eine Freundschaft, weil er mein Teamkollege war
00:01:12: weil wir zusammengearbeitet haben.
00:01:15: Aber dann haben wir
00:01:17: mit dem Rennfahren aufgehört, waren aber trotzdem immer in Kontakt.
00:01:23: Ich mag, ich mag ihn einfach.
00:01:26: Das ist das erste Mal, dass du das sagst.
00:01:30: Kann ich den Teil der Mitschrift bitte haben? Ich spiele sie dann das ganze Jahr ab.
00:01:32: Ich mag dich.
00:01:36: Ich mag ihn auch. Aber
00:01:39: da war nie die übliche Rivalität unter uns.
00:01:44: weder bei Ferrari noch bei Benetton.
00:01:48: Du warst, weil
00:01:51: Gerhard kam wahrscheinlich...
00:01:55: vom härtesten Teamkollegen, den man sich als Fahrer vorstellen konnte. Ich meine Ayrton [Senna].
00:01:59: Als Gerhard zu Ferrari kam und wir zum ersten Mal zusammen gefahren sind
00:02:06: war klar, dass ich es akzeptieren werde, die Nummer zwei zu sein
00:02:10: Als er ankam,
00:02:13: kam er als der erfahrene Fahrer
00:02:15: mit Unterstützung von Niki [Lauda].
00:02:19: Weil ich schnell war.
00:02:22: Okay, ich habe mir gesagt: Komm nur Gerhard,
00:02:22: und ich werde dir zeigen
00:02:26: Wie hart ich auf der Strecke sein kann.
00:02:31: Und tatsächlich war es immer ein Kampf.
00:02:34: Die ganze Zeit.
00:02:36: Es ging schon bei Testfahrten los.
00:02:39: Ich habe immer versucht, ihn gleich in der ersten Runde, zu schockieren, weißt du?
00:02:44: Und wir hatten eine sehr schöne Zeit.
00:02:47: Was war für Dich der Grund, warum Ihr Euch so gut verstanden haben?
00:02:53: Ich glaube, es hat viel mit der Persönlichkeit zu tun. weißt du, es gibt Menschen.
00:02:56: mit denen
00:02:58: man immer seine Probleme haben wird.
00:03:01: Und ich denke, in unserem Fall jemand, ich habe es heute Morgen zu Jean gesagt.
00:03:05: Ich glaube, es gibt keinen
00:03:08: im Fahrerlager, der ihn nicht mag.
00:03:11: Er ist ein Mensch, der mit allen klarkommt
00:03:14: Und bei mir ist es ähnlich. Ich bin mit all meinen Teamkollegen klargekommen.
00:03:18: Mit allen.
00:03:23: Und so waren wir, von unserer Persönlichkeit her,
00:03:28: die ideale Kombination
00:03:32: Aber wie Jean schon gesagt hat, es war ein harter Konkurrenzkampf unter uns.
00:03:37: und das war es nicht,
00:03:41: wir haben uns gut miteinander verstanden,
00:03:43: aber in dem Moment, in dem wir im Auto gesessen sind, hat jeder überlegt,
00:03:46: wie er den anderen schlagen kann.
00:03:48: Das ist ja logisch und so war es auch.
00:03:51: Wenn du so viele Jahre danach darüber sprichst, neigst du dazu, über die guten Seiten zu reden
00:03:54: und wie gute Freunde wir waren.
00:03:56: Aber am Ende des Tages,
00:04:01: wenn ich in der gesteckt bin,
00:04:03: hatte er bestimmt ein großes Grinsen unter dem Helm.
00:04:07: und andersherum genauso.
00:04:10: Aber wie Jean schon gesagt hat, als ich im Team angekommen bin
00:04:14: war ich der Fahrer mit mehr Erfahrung und natürlich habe ich versucht, das auszuspielen
00:04:20: und obwohl es keinen Nummer-Eins-Status gab, habe ich so getan, als gäbe es einen.
00:04:22: Es gab nie einen Status Nummer eins und Nummer zwei, weil wir gleich waren.
00:04:26: Von der Geschwindigkeit ohnehin.
00:04:30: Wir waren von Anfang an immer
00:04:33: auf gleicher Ebene.
00:04:36: Aber jeder hat natürlich seine Spielchen gespielt. Als ich den Vertrag unterschrieben habe.
00:04:42: habe ich ausgehandelt, dass das
00:04:45: Ersatzauto immer mir gehört.
00:04:48: Auch wenn ich das Ersatzauto gar nicht gewollt habe. Es hat nur zusätzliche Arbeit bedeutet,
00:04:51: weil du im Warm-up immer mit beiden Autos auf die Strecke musstest und das hat Zeit gekostet.
00:04:55: Aber, es war ein gutes Zeichen für Ihren Teamkollegen.
00:04:59: dass er gefühlt die Nummer zwei ist.
00:05:00: Das waren halt die üblichen Spielchen.
00:05:04: Oder, ein anderes Beispiel. Im Ferrari-Wohnmobil gab es zwei Ruheräume für die Fahrer.
00:05:09: Einen etwas größer, mit größerem Bett, der andere ein bisschen kleiner,
00:05:11: mit kleinerem Bett.
00:05:14: Ich habe sofort meine Sachen in den größeren Raum gelegt.
00:05:18: Als ich beim nächsten Mal in meinen Raum gehen will,
00:05:23: sitzt plötzlich dieser Hund in meinem Bett.
00:05:26: Jean hatte dieses Monster, eine französische Bulldogge in mein Bett gelegt.
00:05:31: Du siehst also,
00:05:32: Es war ein Konkurrenzkampf,
00:05:35: und sehend, aber immer auf eine gute Art.
00:05:39: Aber ihr habst um das gleiche Stück Strecke, um Siege und Podestplätze gekämpft.
00:05:43: Gas es da nie den Verdacht, dass der andere das bessere Auto haben könnte
00:05:45: die bessere Strategie oder den stärkeren Motor.
00:05:48: Den ganzen Tag.
00:05:49: Weißt du was?
00:05:51: Ich hatte einen Vorteil, weil
00:05:54: ich Italienisch spreche und viele Freunde im Team hatte.
00:05:57: Ich wusste also genau alles, was er an seinem Auto hatte.
00:06:01: Er hatte seine Verbindung mit Ascanelli, Barnard
00:06:05: und der englischen Seite des Teams.
00:06:09: Also am Ende des Tages,
00:06:11: kann ich Dir versichert, hat keiner von uns etwas Besseres als der andere bekommen.
00:06:13: Am meisten erinnere ich mich an einen Grand Prix von Frankreich,
00:06:18: da hatte Ferrari ein neues Getriebe aus Titan.
00:06:22: Und als ich das Auto in Fiorano getestet habe,
00:06:25: war es wirklich besser. Es hatte eine bessere Balance,
00:06:29: und ich glaube, dass auch der Unterboden anders war weil das Getriebe mehr Platz geschaffen hat.
00:06:35: Das nächste Rennen war in Frankreich.
00:06:38: Also habe ich zu Jean Todt gesagt, Jean, es ist in Frankreich, kann ich dieses Getriebe haben?
00:06:43: auch wenn es nur ein Exemplar geben sollte?
00:06:46: Gerhard könnte....
00:06:47: Ich habe versucht, es so zu verkaufen, aber Jean sagte nein.
00:06:50: Er sagte: Entweder beide Autos mit dem neuen Getriebe, oder gar keines.
00:06:54: Das Getriebe blieb in Maranello. Siehst du Gerhard, ich habe es versucht.
00:06:57: Das ist völlig normal.
00:06:59: Aber am Ende
00:07:01: konnten wir uns nicht beschweren
00:07:04: dass irgendeiner von uns besser behandelt worden wäre.
00:07:07: Bei bestimmten Dingen waren wir ziemlich sensibel.
00:07:11: Das Gleiche, sorry, galt das Gleiche auch für eure Benetton-Zeit?
00:07:13: Hattet ihr dort auch die gleiche Behandlung?
00:07:16: Ja,
00:07:18: Du weißt
00:07:19: ich höre immer von der Geschichte mit
00:07:22: dem ersten Fahrer.
00:07:24: Das
00:07:24: existiert nicht. Die Teams kümmern sich nicht darum.
00:07:27: Wenn ich heute höre,
00:07:30: das Auto ist für Verstappen gebaut und nicht für Perez.
00:07:32: Ein Team
00:07:35: will für jeden Fahrer das Beste, weil es die Punkte braucht.
00:07:39: Wenn einer ein Problem hat, muss der andere gewinnen.
00:07:41: So etwas existiert nicht.
00:07:43: Manchmal, wenn man einen überlegenen Fahrer im Team hat,
00:07:48: dann geben Sie ihm vielleicht den etwas besseren Motor vom Prüfstand.
00:07:51: Aber das macht nicht den Unterschied.
00:07:53: Am Ende. Sie sind alle auf einem ähnlichen Niveau vorbereitet.
00:07:57: In der Zeit, in der ihr gefahren seit,
00:08:00: gab große Rivalitäten wie Senna gegen Prost oder Piquet gegen Mansell.
00:08:05: Warum hat es mit denen nicht funktioniert?
00:08:07: Was war bei denen anders?
00:08:08: Du bist mit Prost gefahren und hast ihn als Teamkollegen erlebt, und
00:08:11: du Gerhard, bis mit Senna im Team gefahren und hattest nie Probleme mit ihm.
00:08:15: Darf ich etwas sagen?
00:08:20: Wir haben mehr darum gekämpft, ein besseres Auto zu haben
00:08:25: als einander besser im Team zu positionieren.
00:08:28: Unser Team war konkurrenzfähig,
00:08:31: aber die Autos nicht zuverlässig, das Team nicht perfekt organisiert.
00:08:36: Für uns war es wichtiger
00:08:39: das Auto schneller zu machen
00:08:44: als Erster oder Zweiter zu sein.
00:08:49: Wir haben in erster Linie für das Team gekämpft.
00:08:52: Und das ist ein Aspekt.
00:08:53: Der andere ist, dass es Leute gibt,
00:08:57: die ihre Leistung steigern, wenn sie ein Feindbild haben.
00:09:03: Ein Feind, genau.
00:09:04: Die denken den ganzen Tag darüber nach, wie sie den Feind besiegen können, und steigern so ihre Leistung.
00:09:09: Ich glaube nicht, dass das bei mir funktionieren würde, aber ich meine
00:09:13: Ich bin jemand, der aber Harmonie braucht, um das Maximum aus mir herauszuholen.
00:09:19: Und ich denke, Jean ist gleich gestrickt. Ich hatte kein Interesse daran
00:09:24: zusätzliche Energie verbrennen müssen
00:09:28: um mit dem Teamkollegen zu kämpfen. und ich habe es
00:09:31: in meiner gesamten Karriere mit keinem meiner Teamkollegen getan.
00:09:34: Aber ich erinnere mich an die Zeit, als du mit Michele [Alboreto] bei Ferrari warst
00:09:37: Das lief nicht alles so rund. Gab es da nicht viel Politik im Team.
00:09:42: Ja, es gab ein bisschen Politik,
00:09:45: Aber auch mit Michele, ...
00:09:48: Es war ein super netter Kerl und ein echter Gentleman.
00:09:53: Und für Michele war es sehr schwierig
00:09:56: Ich bin als junger Fahrer zu Ferrari gekommen,
00:10:00: keine Erfahrung, kein Name.
00:10:04: Und plötzlich hatte er jemanden im Team, der ihn mit den Rundenzeiten unter Druck gesetzt hat.
00:10:09: Sein Umfeld hat
00:10:12: am Anfang ein bisschen Politik gemacht.
00:10:16: Aber er selbst war immer super zu mir.
00:10:18: Ich kann mich über keinen meiner Teamkollegen beschweren,
00:10:22: aber von allen, die ich hatte,
00:10:25: habe ich die längste Zeit mit Jean verbracht.
00:10:28: und wir hatten auch das engste Verhältnis.
00:10:32: Ich meine, was Jean gerade vorher gesagt hat
00:10:35: mit Jean Todt, dass er ihm das eine Getriebe nicht gegeben hat,
00:10:39: Weil es nur das eine gab.
00:10:40: Wie wichtig war der Teamchef?
00:10:43: Hat Jean Todt die Situation anders gehandhabt als Flavio [Briatore]?
00:10:46: Oh, ja, ja, ja.
00:10:50: Oh ja.
00:10:52: Inwiefern? Erzähl uns.
00:10:55: Gerhard, fang du an.
00:10:57: Flavio.
00:10:58: ist eine völlig andere Persönlichkeit als Jean.
00:11:05: Wie soll ich das erklären?
00:11:08: Flavio,
00:11:09: Flavio ist ein Super Manager, mit großen...
00:11:14: großen...
00:11:20: Er ist ein großartiger Manager,
00:11:22: weil er sofort versteht,
00:11:24: welche Prioritäten er setzen muss, was getan werden muss, um zu gewinnen?
00:11:28: Sehr gut.
00:11:30: Aber alles andere ist ihm egal.
00:11:33: Es zählt nur, was man braucht, um zu gewinnen oder ihm einen Vorteil zu schaffen.
00:11:38: Der Rest existiert nicht.
00:11:40: Ja, ich stimme zu.
00:11:41: Und wenn Jean wichtiger war, weil er ein bisschen besser ausgeschaut hat.
00:11:44: dann hat er alle Karten auf ihn gesetzt.
00:11:48: Er hat aber genau schnell umgeschwenkt.
00:11:51: Es geht darum, Jean [Todt] war viel ausgeglichener.
00:11:56: Eine völlig andere Persönlichkeit, beide äußerst erfolgreich.
00:12:00: Und Jean
00:12:02: Ich meine,
00:12:03: er hatte Rennerfahrung.
00:12:06: Flavio kam nicht aus dem
00:12:10: Renngeschäft. Deshalb hatte er auch keine Ahnung, wie sich
00:12:15: ein Fahrer, ein Mechaniker oder ein Ingenieur fühlt.
00:12:19: Er hatte seine eigene Linie,
00:12:23: und er war immer geradeheraus.
00:12:26: Ich mag Jean,
00:12:27: Auch wenn wir manchmal stark gestritten haben.
00:12:31: Aber eines hat mir an ihm gefallen.
00:12:34: Es war ja oder nein und nicht irgendwas dazwischen.
00:12:38: Wenn Du ein Meeting mit ihm gehabt hast,
00:12:40: hat er dir die Antwort gegeben.
00:12:44: Da stimme ich zu.
00:12:44: Aber auch Flavio, ....
00:12:47: Vor Flavio habe ich großen Respekt
00:12:51: weil er der Einzige war, den ich kenne,
00:12:54: der überhaupt keine Ahnung vom Rennsport hatte, als er zum ersten Mal aufgetaucht ist.
00:13:00: Er war ein Quereinsteiger und trotzdem erfolgreich. Er hat Weltmeisterschaften gewonnen.
00:13:04: Nicht nur, weil Schumacher im Auto saß, Er hat es auch mit Alonso im Auto geschafft,
00:13:08: und das alles ohne Hintergrund Motorsport.
00:13:12: Wie ich bereits sagte, er ist ein großartiger Manager.
00:13:17: Ihr seid also in diesen fünf Jahren zusammen 77 Grand Prix gefahren.
00:13:20: 77? Okay. Ihr gehört also zu denen, die es am längsten ausgehalten haben.
00:13:22: Das dienstälteste Paar war Michael Schumacher und Rubens Barrichello mit 102 Rennen.
00:13:29: Ihr kanntet euch also sehr gut.
00:13:31: Wenn es eine Eigenschaft von Gerhard gibt, die Du gerne gehabt hättest,
00:13:34: und Gerhard umgekehrt eine Stärke von Jean, was wäre das gewesen?
00:13:40: Gerhards,...
00:13:44: Gerhards Qualität. Als Fahrer.
00:13:47: Wir reden jetzt als Fahrer
00:13:50: weil außerhalb des Autos ist er ein echter Freund.
00:13:53: und das ist die wichtigste Eigenschaft, die Du als Mensch haben kannst.
00:13:58: Aber als Fahrer hatte er eine Art zu fahren
00:14:03: die das Auto
00:14:05: über die ganze Renndistanz konkurrenzfähig hielt.
00:14:08: Ja.
00:14:10: Und ich erinnere mich, wenn wir heute...
00:14:13: Auch wenn wir älter geworden sind, würde ich es in Hockenheim
00:14:18: nie schaffen
00:14:20: die erste Kurve so zu fahren wie er.
00:14:25: Ich habe nie verstanden, wie du es so schnell durch diese Kurve geschafft hast.
00:14:29: Es lag wohl
00:14:32: an seiner Art zu fahren.
00:14:34: Wir hatten immer eine unterschiedliche...
00:14:42: Fahrzeugkontrolle? Nein, er hatte eine tolle Fahrkontrolle.
00:14:43: Das Set-up des Autos war immer anders.
00:14:46: Ganz anders
00:14:51: Es ist passiert, dass ich in das Ersatzauto
00:14:55: mit seinem Set-up umsteigen musste.
00:14:58: Ich konnte das Auto fahren, aber ich hatte
00:15:03: meine Probleme damit.
00:15:05: Das Beste wäre wohl eine Mischung
00:15:07: zwischen ihm und
00:15:10: mir gewesen.
00:15:12: Und Gerhard, Du?
00:15:13: Ja, das hätte uns wahrscheinlich
00:15:14: geholfen,
00:15:16: die Weltmeisterschaft zu gewinnen.
00:15:18: Vielleicht.
00:15:20: Welche Stärke hättest du gerne von Jean übernommen.
00:15:24: Jean,
00:15:28: offensichtlich seine Reflexe
00:15:30: und seine Fahrzeugkontrolle waren wirklich etwas Besonderes.
00:15:33: Nicht nur im Vergleich zu mir sondern zu allen.
00:15:37: Mit Senna hatte ich ja die ultimative Messlatte,
00:15:41: wo das Limit sein könnte.
00:15:45: Aber ich sage immer,
00:15:47: von allen Fahrer
00:15:49: In der Formel 1 war Jean der talentierteste
00:15:53: Mit dem Talent, das er hatte, hätte er mehr Erfolg haben müssen. Talent und Erfolg passen nicht zusammen.
00:15:57: Er hätte viel mehr Rennen gewinnen müssen.
00:16:00: Aus irgendeinem Grund ist es nicht passiert.
00:16:01: Aber Speed her
00:16:04: war er wirklich erstklassig.
00:16:08: Und im Regen oder
00:16:13: bei halb nassen Bedingungen musstest du gar nicht gegen ihn kämpfen.
00:16:17: Es war besser, sich auf sich selbst zu konzentrieren und ihn einfach davonziehen lassen.
00:16:20: Das war, wie er vorher gesagt hat.
00:16:23: im Regen hat er dich mit der ersten Runde gekillt.
00:16:25: Du hast die Rundenzeit gesehen und gewusst, dass du am besten gar nicht am Rennen teilnehmen brauchst.
00:16:30: Er ist ins Auto eingestiegen
00:16:33: und er war sofort auf Speed.
00:16:36: Um es auf den Punkt zu bringen: Seine Fahrzeugbeherrschung war etwas ganz Besonderes.
00:16:41: Du hast fünf Jahre vor Jean in der Formel 1 angefangen.
00:16:44: Was war der erste Moment, in dem Du auf Jean aufmerksam wurdest?
00:16:46: Oh, das habe ich noch...
00:16:49: Ich habe es immer noch vor mir.
00:16:50: Wenn ich meine Augen schließe, sehe ich es immer noch vor mir.
00:16:54: Ich war in Le Castellet und bin für Ferrari gefahren, meine erste Zeit mit Ferrari.
00:16:58: Ich komme zur Schikane
00:17:01: Und plötzlich überholt mich da ein Tyrrell.
00:17:04: mit zwei Rädern in der Luft
00:17:08: und quer über die Kerbs
00:17:12: als ich zurück an die Boxen kam, habe ich meinen Ingenieur gefragt: Kannst du mal herausfinden, wer diesen Tyrrell fährt.
00:17:17: Und es war Jeans erster Grand Prix, das.
00:17:19: ersten Mal in der Formel 1.
00:17:22: Und umgekehrt.
00:17:23: Wann bist du das erste Mal auf Gerhard getroffen?
00:17:25: Ich meine, als du in der Formel 1 warst.
00:17:27: Es war am selben Tag. Er hatte ein Boot im Hafen von
00:17:31: Cassis liegen, glaube ich.
00:17:33: Und ich hatte dort mein Hotel und ihn in einem Restaurant getroffen
00:17:38: Es war das La Cardiere de Sur, glaube ich.
00:17:42: Ja, ich erinnere mich.
00:17:44: Ich saß im hinteren Teil der Terrasse, wo diese Bucht war.
00:17:48: Genau. Ja.
00:17:49: Und Du bist mit Deiner Ex-Frau zusammengesessen.
00:17:52: Ja Ja Ja.
00:17:53: Ex-ex-ex-Frau.
00:17:56: Du hattest ja so viele.
00:17:58: Ich glaube, da liege ich hinter dir.
00:18:03: Also, weißt du,
00:18:07: Dieser Tag war für mich
00:18:08: ein ganz spezieller Tag. Ich hatte bis dahin die Formel-1-Rennen nur im Fernsehen verfolgt
00:18:13: und Gerhard, Nigel [Mansell], Nelson [Piquet], Ayrton [Senna], Alain [Prost]
00:18:16: das waren meine Helden.
00:18:19: Ich sollte diesen Grand Prix fahren.
00:18:24: hatte aber nur für ein Rennen unterschrieben. Für mich war das unbeschreiblich,
00:18:27: weil ich plötzlich mitten unter ihnen war.
00:18:29: Aber es war auch heikel.
00:18:30: Ich habe mich mich nicht wirklich entspannt gefühlt, weil
00:18:36: es so speziell war, gegen die Fahrer anzutreten, die ich nur vom Fernsehen her kannte.
00:18:39: Es war ein sehr magischer Moment.
00:18:44: Dein erster Grand Prix war auch Ihr Heim- Grand Prix 1984.
00:18:47: Wie war es für dich?
00:18:48: Du bist aus der Formel 3 und den Tourenwagen aufgestiegen,
00:18:49: und plötzlich
00:18:50: sitzt du in einem ATS-BMW mit 700 oder 800 PS.
00:18:55: im Jahr 84.
00:18:57: Woran erinnerst du dich von deinem ersten Rennen?
00:19:00: Am meisten erinnere ich mich...
00:19:06: Zeltweg damals
00:19:07: war eine sehr, schwierige und sehr schnelle Strecke.
00:19:10: Es war nicht einfach, dort mit einem Formel-1-Auto zu fahren.
00:19:14: Viele Hochgeschwindigkeitskurven.
00:19:17: und es war schwierig, dort auf Speed zu kommen.
00:19:20: Aber, weil ich dort zu Hause war.
00:19:22: und die Strecke sehr gut kannte, konnte ich eine gute Leistung zeigen.
00:19:26: Ich erinnere mich, dass ich am Freitag ein ordentliches Training hatte.
00:19:28: Ich war sofort irgendwo im Mittelfeld und dann kam Paul Rosche [von BMW] zu mir
00:19:33: und sagte: „Nun, das ist eine gute Zeit, die du mit diesem Motor geschafft hast.“
00:19:37: Morgen werde ich dir einen anderen Motor bringen, und dann wirst du staunen.
00:19:42: Sie haben dann den Freitagsmotor von Nelson Piquet ausgebaut
00:19:46: und ihn rüber zu mir gebracht und in den ATS eingebaut.
00:19:49: und am Samstag hatte ich einiges mehr an PS.
00:19:53: und hatte eine Chance auf eine gute Rundenzeit.
00:19:56: Und leider ging das Getriebe kaputt, als ich aus der Box fahren wollte
00:20:00: So konnte ich am zweiten Training nicht teilnehmen.
00:20:03: Es tut immer noch weh,
00:20:05: Weil ich sicher bin, dass ich eine fantastische Zeit hätte fahren können.
00:20:09: Und wenn du das gleich im ersten Rennen schaffst, dann ist es ein Eindruck, der für immer bleibt.
00:20:13: Beim ersten Mal ist es immer etwas Besonderes.
00:20:16: Das bleibt im Gedächtnis.
00:20:19: Daran erinnere ich mich noch heute.
00:20:23: Vielleicht hat Dir das Getriebe das Leben gerettet.
00:20:25: Vielleicht auch das. Du weißt es nie.
00:20:28: Das war gleich beim Start ein ziemlich heikler Moment.
00:20:31: Daran erinnere ich mich auch.
00:20:33: War das, als es den Riesencrash beim Start gab?
00:20:37: Nein, da war kein Crash.
00:20:39: Ich hatte einen großen Schreckmoment. Der Tank war voll und das Auto schwer.
00:20:41: Nach dem Start gab es da eine Bodenwelle
00:20:46: auf der habe ich mit dem Auto aufgesetzt, mitten im Feld.
00:20:51: Ich bin komplett quer gestanden und habe das Auto irgendwie eingefangen.
00:20:54: Ich weiß nicht wie.
00:20:56: Der große Crash hat sich ein paar Jahre später ereignet.
00:20:59: Und das war aber auch sehr nah dran an einem großen Unfall mit all den anderen.
00:21:03: Aber ich hatte Glück.
00:21:04: Ich habe das Auto abgefangen
00:21:06: und bin weitergefahren.
00:21:07: Wenn man neu in die Formel 1 kommt, dann schaut man natürlich
00:21:10: zum Teamchef auf, oder er ist eine Person, die einen prägt.
00:21:14: In deinen Fall war es Günter Schmidt.
00:21:15: Der war schon ziemlich speziell, oder?
00:21:17: Der war...
00:21:19: Kennst Du Günter Schmid?
00:21:20: Nein.
00:21:22: Er war nett, liebenswert, verrückt,
00:21:27: unberechenbar,
00:21:29: seltsam. Alles zusammen.
00:21:30: Weißt du, der Typ hatte ... Ich bin in seinem Team gelandet.
00:21:35: und er hatte eigentlich.
00:21:37: nur ein Auto am Start. Gustav Brunner hat das Auto konstruiert.
00:21:40: Und Manfred Winkelhock war der Fahrer
00:21:44: Plötzlich hatte er das Gefühl, dass er, wenn er ein zweites Auto hätte
00:21:47: vielleicht den Manfred unter Druck setzen könnte, und das würde sein ganzes Team beflügeln.
00:21:52: Und so hat er mich sofort gegen Manfred gestellt.
00:21:56: Was aber immer
00:21:59: schwierige Situationen und böses Blut mit sich bringt.
00:22:03: Aber egal, ich habe das zweite Auto bekommen
00:22:08: und mein erster Grand Prix fand am Red Bull-Ring
00:22:11: und er hat sofort an mich geglaubt, und war sich sicher, dass ich das kann.
00:22:16: Und dann geht es nach Monza, mein zweites Rennen und großartig,
00:22:21: Es beginnt zu regnen kurz bevor wir für die ersten Runden
00:22:26: auf die Strecke gehen.
00:22:29: Ich bin noch nie mit einem Formel-1-Auto im Nassen gefahren.
00:22:31: Es war also mein erstes Mal
00:22:33: Und ich sehe es noch heute vor mir. Ich stand noch an den Boxen und
00:22:37: Lauda geht auf Regenreifen raus, Rosberg auf Regenreifen.
00:22:40: Alle mit Regenreifen.
00:22:43: Dann haben sie bei mir die Heizdecken weggenommen
00:22:45: und ich hatte Slicks drauf. Günter Schmid hat in den Himmel geschaut
00:22:50: und gesagt: Ich denke, das Wetter für Slicks.
00:22:52: Ich war der Einzige auf Slicks.
00:22:55: Das erste Mal, warte, das erste Mal
00:22:58: in einem Formel-1-Auto im Regen.
00:23:02: Ich habe gedacht, der bringt mich jetzt um.
00:23:04: Der bringt mich um.
00:23:06: Wie auch immer, ich mache, was er sagt,
00:23:08: weil ich keine andere Wahl habe.
00:23:09: Ich muss in diesem Team überleben.
00:23:12: Ich ging also raus und ich sage dir, Jean.
00:23:14: Ich war eine halbe Stunde lang oder eine Stunde
00:23:16: Der schnellste Fahrer auf der Strecke.
00:23:17: Weil es überall noch eine halbtrockene Spur gab.
00:23:22: ich bin an Lauda außen vorbei, und den anderen.
00:23:24: Und auf der großen Anzeigetafel stand mein Name ganz oben.
00:23:28: Es war großartig für mich, aber.
00:23:31: am Anfang habe ich echt gedacht, dass mich der Schmid umbringen will.
00:23:33: Dein erster Chef war Ken Tyrrell.
00:23:35: Ich glaube, er war sehr streng mit jungen Fahrern, nicht wahr?
00:23:37: Ja, aber das war mein bestes Jahr in der Formel 1.
00:23:41: Ich hatte keinen Druck.
00:23:44: Außer dem ersten Rennen.
00:23:45: Da wollte ich etwas zeigen
00:23:49: um meine Position im Team zu behalten.
00:23:51: Dann wurde ich Vierter.
00:23:53: Also, weil ich Vierter wurde...
00:23:54: Du bist in deinem ersten Rennen Vierter geworden? Ja.
00:23:56: Du warst eine Zeit lang sogar Zweiter.
00:23:57: Ja.
00:23:58: Ich war lange auf Platz 2. Okay.
00:24:01: Nicht lange, für eine gewisse Zeit.
00:24:02: Aber dann bin ich Vierter geworden.
00:24:07: Als ich dann für den Rest der Saison unterschrieben habe,
00:24:12: kam Ken [Tyrrell] nach jeder
00:24:13: Trainingssitzung zu mir mit einem kleinen Papier in der Hand
00:24:17: auf dem geschrieben stand, um wie viel ich beim Bremsen den Motor überdreht habe.
00:24:20: Ich habe zum Bremsen immer das Getriebe mit benutzt.
00:24:24: Und er hat mir den Zettel gezeigt und gesagt: So wirst du das Rennen nicht beenden,
00:24:27: Du wirst nicht einmal deine Qualifikationsrunde beenden.
00:24:30: Ken machte sich immer Sorgen.
00:24:32: Rennen um Rennen...
00:24:36: Offen gestanden gab er mir viel Selbstvertrauen,
00:24:39: weil du von Monza im Regen gesprochen hast,
00:24:43: Als wir nach Monza kamen, passierte dasselbe.
00:24:47: Es war nass.
00:24:49: Auch ich bin unter diesen Bedingungen noch nie in einem Formel 1-Auto gefahren.
00:24:53: Ich bin raus auf die Strecke, habe beschleunigt, und dann in der Curva Grande einen 360-Grad Dreher hingelegt.
00:25:00: Aber damals gab es kein Fernsehbild und keiner hat es gesehen. Also bin ich zurück an die Boxen.
00:25:02: Er kam zu mir und sagte:
00:25:05: Warum fährst du nicht?
00:25:08: Ich sage: Weil es nass ist.
00:25:12: Er fragte: Du hast dich gedreht?
00:25:13: Ich habe geantwortet: Ja.
00:25:15: Er hat mir den Ersatzwagen gezeigt und gesagt: Fahr mit dem raus,
00:25:20: Nimm dir Zeit, schau wie du dich fühlst.
00:25:24: Wenn Du ein Problem hast, haben wir immer noch ein zweites Auto.
00:25:27: Wirklich.
00:25:29: Er hat mir so viel Selbstvertrauen gegeben.
00:25:31: Ken war großartig, aber er hatte immer Angst,
00:25:36: weil er die WM-Punkte brauchte, und damals haben nur die ersten sechs Punkte bekommen.
00:25:43: Er wollte das nicht riskieren.
00:25:45: Ihm war nie wohl, wenn wir in der ersten Reihe standen und um das Podium gekämpft haben.
00:25:49: Das war zu viel Aufregung für dich.
00:25:51: Stimmt es, dass die Fahrer um 10:00 Uhr im Bett sein mussten oder so ähnlich?
00:25:55: Nein, nicht nein, weil die Leute das immer behauptet haben.
00:25:58: Ken sagte immer zu mir:
00:26:01: Du würdest einen tollen Fahrer für uns abgeben, aber
00:26:04: du könntest nie für uns fahren, Du rasiert dich nie.
00:26:07: Und so wie du dich anziehst,
00:26:09: und wie du daherkommst
00:26:10: Ja ja.
00:26:11: Er hat auf jedes Detail geachtet.
00:26:15: Aber für mich war Ken
00:26:17: der Schlüssel für den Rest
00:26:19: meiner Formel 1-Karriere.
00:26:21: Das Rennen, in dem dein Stern aufgegangen ist.
00:26:23: und bei dem alle Fans auf dich aufmerksam wurden
00:26:24: war Phoenix. Gerhard stand auf der Pole-Position,
00:26:27: aber du warst in der ersten Kurve in Führung. Erinnerst du dich?
00:26:29: Natürlich erinnere ich mich.
00:26:31: Ich erinnere mich, weil.
00:26:31: Leider erinnere ich mich auch.
00:26:33: Ja aber
00:26:35: man muss dazu sagen,
00:26:35: dass Gerhard in dem Auto nicht richtig sitzen konnte. Es war zu wenig Platz.
00:26:40: Du bist völlig verkrümmt gefahren, erinnerst du dich?
00:26:42: Ja, aber
00:26:46: Vor der Saison bin ich dem Tyrrell in Silverstone ein paar Runden gefahren.
00:26:50: Das Auto war großartig
00:26:53: auf den Goodyear-Reifen.
00:26:55: Als ich in Phoenix
00:26:58: ankam
00:27:01: hat mir Villadelptrat, unser Teammanager,
00:27:02: gesagt, dass wir jetzt den Pirelli-Reifen haben.
00:27:05: Ich sage, was meinst du mit Pirelli?
00:27:07: Er sagte: Wir sind in letzter Minute umgestiegen. Ken hat unterschrieben. Ich sage: Wir sind mit den Reifen
00:27:12: nie gefahren. Nichts.
00:27:17: Zu der Zeit hatten wir noch Qualifikationsreifen.
00:27:21: Mir fehlte aber das Selbstvertrauen, ans Limit zu gehen.
00:27:25: Deshalb lief es in der Qualifikation nicht so gut.
00:27:26: Ich habe mich als Fünfter qualifiziert. Pierluigi Martini stand auf der Pole-Position.
00:27:32: Er stand in der ersten Reihe. Er war Zweiter.
00:27:36: Ja, Gerhard stand auf der Pole, aber Martini war mit dem Minardi [auch auf Pirelli] Zweiter.
00:27:41: Die Reifen waren unglaublich.
00:27:44: Sie hatten unheimlich Grip auf eine Runde.
00:27:48: Und der Tyrrell mit seinem
00:27:53: Mono-Dämpfer vorn.
00:27:53: Dämpfer.
00:27:55: War an der Vorderachse so präzise zu fahren.
00:27:57: Zwei- oder dreimal habe ich sogar leicht die Mauer berührt.
00:28:01: Also der Startplatz war gut, und wir hatten Reifen
00:28:05: mit denen wir ohne Boxenstopp den Grand Prix schaffen würden.
00:28:09: Ich war also Fünfter.
00:28:11: Ich hatte einen guten Start, und die Gerade bis zur ersten Kurve war lang.
00:28:16: Ich bin im Zickzack durch die Leute durch
00:28:20: und dachte nein, nein, nein. Und plötzlich lag ich in Führung.
00:28:24: Gerhard war hinter mir. Ich habe wie verrückt Druck gemacht,
00:28:27: weil ich mir sagte: Du weißt nicht, wie lange du an der Spitze durchhältst.
00:28:29: Es war mir egal, ob ich das Rennen beende.
00:28:32: Ich wollte einige Runden an der Spitze fahren.
00:28:35: Ich habe attackiert und attackiert, und dann zog ich von Gerhard weg.
00:28:38: Er ist dann in der Mauer gelandet. In der Mauer, ja.
00:28:41: Nach der Brücke.
00:28:43: Ja, ich bin mit meinen Füßen
00:28:44: zwischen die Pedale geraten.
00:28:48: Beim Bremsen bin ich mit dem rechten Fuß abgerutscht und konnte ihn nicht mehr herausziehen.
00:28:52: Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, ob er hinter mir lag oder Ayrton [Senna].
00:28:56: Aber dann kam der Moment, wo ich das Gefühl hatte,
00:29:00: das Rennen gewinnen zu können.
00:29:02: Plötzlich sah ich im Rückspiegel einen roten Punkt näherkommen.
00:29:06: Es war Ayrton. Er machte dann seinen Boxenstopp.
00:29:09: Mit den neuen Reifen
00:29:10: ist er geflogen. Ich wollte mich aber
00:29:17: so teuer wie möglich verkaufen.
00:29:18: Und deshalb
00:29:21: bin ich, als er direkt hinter mir war, nicht Zickzack gefahren,
00:29:24: habe aber sehr spät gebremst.
00:29:27: Dann ist er an mir vorbeigeschossen, ich bin noch einmal vorbei.
00:29:29: Zum Schluss ist er an mir vorbei, aber es war ein schöner Zweikampf. Aber er war nicht sehr glücklich darüber,
00:29:31: dass du ihm das Leben so schwer gemacht hast.
00:29:33: Also.
00:29:34: Ayrton war
00:29:35: auf der Strecke wahrscheinlich
00:29:38: der ehrlichste Gegner.
00:29:41: Weil er in der Regel fair war. Bei seinen Aktionen mit Alain [Prost]
00:29:46: waren das Revanchefouls.
00:29:51: Aber hatte nichts damit zu tun,
00:29:54: dass er ein gefährlicher Fahrer gewesen wäre.
00:29:57: Zweikämpfe mit ihm
00:29:58: waren immer gut. Da gebe ich dir recht. Ja.
00:30:01: Und ich meine, du siehst viele große Fahrer
00:30:04: die gelegentlich einige Fouls begehen.
00:30:08: Mit Senna nicht.
00:30:11: Er war beim Überholen so präzise.
00:30:14: Und er hat so spät gebremst, aber es war nie unfair.
00:30:19: Ja.
00:30:20: Dein Durchbruch, Gerhard, war 1986 in Imola, als Du mit dem Benetton zum ersten Mal auf das Podium gefahren bist.
00:30:24: Wir erinnern uns noch an das Überholmanöver gegen Johansson aus der Tosa-Kurve raus.
00:30:28: Was ist dir von diesem Rennen im Gedächtnis geblieben, und war es der Auslöser
00:30:30: für deinen ersten Ferrari-Vertrag?
00:30:31: Ich wollte gerade sagen,
00:30:32: dass meine erste Erinnerung an das Rennen der Telefonanruf von Ferrari am Montagmorgen war.
00:30:36: Schon am Montagmorgen?
00:30:37: Ja, es war Montag oder direkt am Montag nach dem Rennen.
00:30:40: Von Piccinini.
00:30:42: Es war lustig, weil
00:30:45: zu diesem Zeitpunkt
00:30:46: hat mich Piccinini gefragt, ob ich nach Maranello kommen könnte.
00:30:50: Herr Ferrari würde mich gerne kennenlernen.
00:30:53: Und dann hat auch
00:30:55: Ron Dennis versucht, mich zu McLaren zu bringen.
00:30:58: und Jackie Stewart fragte mich im Auftrag von Tyrrell.
00:31:01: Er hat mich in derselben Woche angerufen, und ich hatte nicht die Absicht, zu Tyrrell zu gehen.
00:31:05: Aber bei dieser Auswahl
00:31:08: war es entweder Ferrari oder McLaren.
00:31:12: Ich habe mir die Türen immer gerne offen gelassen, denn wenn man verhandelt
00:31:15: in der Formel 1 und du hast nur zwei Optionen, dann beginnen sie untereinander zu kommunizieren.
00:31:19: Dann bist du ganz schnell in Schwierigkeiten.
00:31:22: Es ist immer besser, noch ein drittes Eisen im Feuer zu haben.
00:31:28: Und das ist alles in der Woche nach Imola passiert.
00:31:33: Warum hast du dann Ferrari vorgezogen? Total emotional.
00:31:37: Ich bin sicher, dass dir Jean dasselbe sagen wird.
00:31:40: Weil wir beide sehr emotional sind. Von der Logik her
00:31:45: hätte ich zu McLaren gehen müssen, weil es zu der Zeit das beste Team war.
00:31:49: Aber als Ferrari anrief und
00:31:53: und ich in Maranello war, wusste ich, dass ich genau das gerne tun würde.
00:31:58: Du hast Enzo Ferrari getroffen? Ja.
00:32:01: Ich glaube, ich war der letzte Fahrer, der mit ihm direkt einen Vertrag ausgehandelt hat.
00:32:04: Es war lustig. Ich weiß nicht,
00:32:08: ob ich es dir jemals erzählt habe, aber Piccinini hatte mich angerufen, dass ich nach Maranello kommen soll.
00:32:11: Ich bin das erste Mal mit dem Auto nach Maranello gefahren, und er hat mir eine Tankstelle genannt, wo wir uns treffen sollten.
00:32:16: Also kam ich zu der Tankstelle.
00:32:18: Dann musste ich in sein Auto umsteigen
00:32:21: und auf der Rückbank mich hinlegen.
00:32:25: Sie haben eine Decke über mich gelegt.
00:32:27: Damit mich niemand sieht.
00:32:28: Weil du nicht mit einem Ferrari oder Fiat gekommen bist?
00:32:32: Nein, ich hatte einen Audi.
00:32:34: Also deckten sie mich zu und brachten mich nach Fiorano
00:32:38: zum Büro von Enzo.
00:32:41: Und, und es war
00:32:44: Das Licht war heruntergedreht, wie bei Kerzen.
00:32:49: Es ist eine sehr, sehr seltsame Atmosphäre.
00:32:53: Und dann erinnere ich mich an die erste Frage von Enzo Ferrari.
00:32:56: Piccinini und Piero, sein Sohn, haben übersetzt.
00:33:01: Ich weiß nicht, was die da wirklich übersetzt haben.
00:33:04: So wie ich Piccinini später kennengelernt habe,
00:33:05: hat er wahrscheinlich das übersetzt, was er hören wollte.
00:33:07: Oder was ihm gepasst hat.
00:33:10: Aber ich glaube, die erste Frage von Enzo Ferrari war, ob ich einen Manager habe.
00:33:15: Ich habe verneint, und dann meinte er,
00:33:19: wenn wir uns heute einigen können, können wir auch gleich unterschreiben.
00:33:23: Ja, aber ich war unsicher.
00:33:26: Ich war mir hundertprozentig sicher, dass sie Geld mitbringen muss.
00:33:29: Ich dachte, bei Ferrari
00:33:31: musst du Geld mitbringen.
00:33:32: Dann hat er mir, glaube ich, 800.000 Dollar angeboten.
00:33:38: und ich war mir weiterhin nicht sicher, ob ich die 800 000 jetzt bezahlen muss oder bekomme.
00:33:43: Ich habe die 800 000 bekommen,
00:33:45: und im zweiten Jahr waren es, glaube ich, 1,4 Millionen.
00:33:49: Ich habe natürlich sofort unterschrieben
00:33:54: Jean, ich glaube, du warst in einer ähnlichen Situation.
00:33:55: Du warst bei Tyrrell
00:33:57: Williams wollte dich, Ferrari wollte dich.
00:33:59: Es gab eine Zeit, da wurde geschrieben,
00:34:00: dass du drei Verträge gleichzeitig hattest. Wie bist du schließlich bei Ferrari gelandet?
00:34:04: Was ist die Wahrheit?
00:34:05: Ich habe vielleicht die Geschichte oft erzählt, aber
00:34:09: jetzt werde ich ein für alle Mal
00:34:12: die richtige.
00:34:13: Geschichte erzählen.
00:34:16: Als ich bei Tyrrell unterschrieben habe
00:34:19: war das ein Vertrag für den Rest der Saison 1989 und das Jahr 1990.
00:34:25: Am Ende 1989
00:34:28: habe ich einen Vertrag mit Williams über 91, 92, und 93 unterschrieben.
00:34:34: Das war fix.
00:34:36: Aber in diesem Vertrag
00:34:38: gab es eine ...
00:34:41: Eine Klausel.
00:34:43: Wenn die Ankündigung nicht beim GP Frankreich 1990 erfolgt
00:34:46: im Juli 1990,
00:34:50: habe ich eine Option
00:34:53: bis zum Grand Prix in Spa im September.
00:34:56: Mein Anwalt sagte, dass wir das nicht akzeptieren können.
00:35:01: Auch ich hatte keinen Manager.
00:35:04: Ich war alleine und war erst 24 Jahre alt.
00:35:06: Ich habe Frank angerufen
00:35:10: und ihm gesagt:
00:35:12: Ich kann das nicht unterschreiben, weil mein Anwalt mir davon abgeraten hat. Frank meinte, dass ich den Anwalt vergessen sollte.
00:35:17: Er hat mir erklärt, dass
00:35:20: diese Klausel im Vertrag steht, weil die Fahrer von Renault bezahlt würden.
00:35:25: Die sind nicht im Bilde darüber, was wir tun.
00:35:28: Ich wollte ihnen klarmachen, dass wir mit dir als Fahrer die richtige Wahl getroffen haben.
00:35:34: Und wenn sie zustimmen, haben wir dich schon unter Vertrag.
00:35:38: Als mich Ferrari 1990 anrief,
00:35:43: es war so
00:35:46: um Imola herum,
00:35:50: da habe ich zu [Rennleiter]} Cesare Fiorio gesagt,
00:35:54: dass kann nicht zu Ferrari gehen kann,
00:35:58: weil ich schon einen Vertrag habe. Er fragte mich: mit wem?
00:36:01: Ich sagte, ich kann es nicht sagen, ich kann es Ihnen nicht sagen, weil es im Juli bekannt gegeben wird.
00:36:05: Okay.
00:36:07: Frank hat keine Ankündigung gemacht.
00:36:11: und dann hatte ich einen großen Streit
00:36:15: mit Frank
00:36:17: beim Großen Preis von Großbritannien
00:36:20: und dem nächsten Rennen.
00:36:22: Zwei Grand Prix lang haben wir uns ernsthaft gestritten.
00:36:27: Beim Grand Prix von England.
00:36:27: hat Nelson [Piquet] auch einem Papier eine Art Absichtserklärung
00:36:32: mit niedergeschrieben, in der stand
00:36:35: dass ich für drei Jahre, 91, 92 und 93 dort unterschreibe. Nur um den Druck auf Frank weiter zu erhöhen.
00:36:40: Er sagte zu mir: Zeig das Frank und sage ihm.
00:36:42: Hier siehst du, dass Ferrari mich will.
00:36:44: Frank bewegte sich nicht.
00:36:48: Er sagt, dass es ihm scheißegal ist, was da steht. Ich hätte mit ihm einen Vertrag
00:36:53: bis September. Danach bin ich zu Ferrari und habe für sie unterschrieben.
00:36:58: War Ferrari für dich auch eine emotionale Entscheidung?
00:37:01: Auf eine andere Art.
00:37:04: Ich war nicht frei.
00:37:05: das Gleiche traf auf Ferrari zu.
00:37:08: Ich hatte einen Vertrag mit Frank Williams.
00:37:12: Mm hmm.
00:37:13: Und Ferrari musste mit Frank
00:37:16: streiten, um mich aus dem Vertrag herauszubekommen.
00:37:20: Ich meinte eher, wie du dich gefühlt hast,
00:37:22: als du dann bei Ferrari warst. Hast Du den Mythos dieses Teams gespürt?
00:37:25: Komplett, total.
00:37:28: Das spürt man schon beim Verlassen der Autobahn
00:37:32: Und du fährst zu diesem, weißt du,
00:37:35: es ist, als würde eine religiöse Person nach Lourdes kommen.
00:37:39: Du bist mittendrin.
00:37:41: Mittendrin.
00:37:45: Und du siehst all die Bilder an der Wand, und du gehst in Enzos Büro.
00:37:49: Leider hatte ich keine Chance,
00:37:51: Herrn Ferrari persönlich zu treffen. Er war bereits verstorben.
00:37:55: Aber das Haus ist ein Museum.
00:37:58: Du gehst hinein und siehst alles und
00:38:02: es ist magisch.
00:38:05: Magie
00:38:07: Dein erstes Jahr [bei Ferrari] war.
00:38:09: Alain [Prost] dein Teamkollege. War er für dich
00:38:10: ähnlich wichtig wie Senna für Gerhard?
00:38:12: War er eine Art Vaterfigur?
00:38:15: Alain war fantastisch für mich, weil
00:38:18: er einen ganz bestimmten Fahrstil hatte.
00:38:23: Er hat mir alles gezeigt.
00:38:25: Das Set-up. und wie er das Auto abgestimmt hat.
00:38:28: Er hat kein Problem damit, seine Informationen mit mir zu teilen.
00:38:33: Aber es war unmöglich, sein Auto zu fahren. Als ich das erste Mal mit seinem Auto fuhr, hätte ich fast einen Unfall gehabt.
00:38:39: Das Auto wollte nicht einlenken. Ich weiß nicht, wie er damit schnell fahren konnte.
00:38:43: Alain war extrem fair.
00:38:46: Null Emotionen.
00:38:49: Mit den Ingenieuren, mit mir,
00:38:53: mit jedem. Er hat immer sehr präzise
00:38:58: Informationen
00:39:01: über die Motoren
00:39:03: und das Fahrverhalten geben.
00:39:06: Wir haben viel an der Fahrbarkeit [der Motoren] gearbeitet.
00:39:11: Die von ihm erstellten Einstellungen
00:39:13: waren immer großartig.
00:39:16: War es bei dir und Ayrton ähnlich?
00:39:21: Nein, ich denke, es war anders, weil,
00:39:27: Ayrton und ich im gleichen Alter waren und aus derselben Generation stammten.
00:39:30: Jean und Prost lagen weiter auseinander.
00:39:33: Also ich glaube, Jean hat Alain
00:39:38: als, als seinen Vater oder was auch immer...
00:39:42: Professor. Du sagst es, als seinen Professor gesehen.
00:39:46: Ayrton und ich haben vom ersten Tag an
00:39:50: gegeneinander gekämpft. Jeder von uns
00:39:54: hat sein eigenes Ding gemacht.
00:39:58: Er seine Seite, ich meine.
00:40:01: Ich muss zugeben,
00:40:04: dass ich einen großen Fehler gemacht habe.
00:40:07: Als ich bei Ferrari war
00:40:09: habe ich sehr eng mit Ascanelli zusammengearbeitet. Er war ein Ingenieur,
00:40:12: der verstand, was ich brauche, welches Set-up um schnell zu sein und so weiter.
00:40:18: Er passte einfach hervorragend zu mir, aus welchem Grund auch immer.
00:40:22: Und doch habe ich es mir immer gesagt.
00:40:25: Aber ich habe unterschätzt wie wichtig
00:40:28: es ist, den richtigen Ingenieur an deiner Seite zu haben.
00:40:29: Der Ingenieur und Du zusammen sind für das Ergebnis verantwortlich.
00:40:33: Aber als ich zu McLaren gegangen bin, bekam ich den Ingenieur von Alain [Prost].
00:40:41: Ein erfahrener Mann,
00:40:43: aber ein ganz anderer Stil. Er war, wie du schon sagst, ganz andere Set-ups gewohnt.
00:40:47: Ein anderer Arbeitsstil dazu.
00:40:49: Als ich zu Ferrari kam, habe ich Ascanelli gesagt:
00:40:53: Das Auto macht hier das und dort jenes.
00:40:57: Er meinte immer nur: Okay, bis morgen früh. Dann hat er sich an seinem Computer gesetzt und für mich eine Abstimmung ausgetüftelt.
00:41:02: Als ich zum ersten Mal zu McLaren kam, wollte ich es genauso machen.
00:41:05: Der Ingenieur hat mich gefragt: Was sollen wir ändern?
00:41:07: Ich habe ihm geantwortet:
00:41:10: Du bist der Ingenieur.
00:41:12: Bei Prost war das was anderes.
00:41:16: Er verstand alle diese Dinge.
00:41:19: Er war einer aus der alten Fahrergeneration.
00:41:21: Und so haben die zwei zusammengearbeitet.
00:41:24: Ich habe sofort gespürt, dass wir hier ein zu haben.
00:41:28: Auf diese Weise kann ich nicht die maximale Leistung aus mir herausholen,
00:41:32: Auch wenn der Ingenieur gut war, er passte nicht zu mir.
00:41:35: Also sagte ich
00:41:38: zu Ron Dennis:
00:41:40: Ron, da gibt es einen Typ bei Ferrari,
00:41:43: Giorgio Ascanelli, ich brauche ihn, und er ist ein super Ingenieur.
00:41:46: Wir brauchen ihn.
00:41:47: Ich habe ihm das ein paar Mal gesagt und hatte auch das Gefühl,
00:41:51: dass mir Ron zuhörte. Dann habe ich aber eine Zeit lang nichts von ihm gehört.
00:41:55: Eines Tages erhielt ich einen Anruf von Ron
00:41:58: und er meinte, dass er eine gute der schlechte Nachrichten für mich hatte.
00:42:01: Welche möchte ich zuerst hören?
00:42:03: Ich sagte: die gute. Er meinte: Ich habe Ascanelli.
00:42:08: Fantastisch. Und was ist das Problem?
00:42:11: Die schlechte Nachricht ist, wir geben
00:42:16: ihn an Senna.
00:42:18: Ich glaube, das war der Moment, in dem ich das Spiel verloren habe.
00:42:23: Ich habe versucht gegen Ayrton zu kämpfen
00:42:26: Und in der Qualifikation waren wir nicht weit auseinander.
00:42:30: Hier und dort konnte ich ihn schlagen, aber im Gesamten hatte er ein viel besseres Paket als ich.
00:42:33: Und wie du schon von Prost erzählt hast,
00:42:38: Prost und Senna, das waren
00:42:42: zwei der herausragendsten Fahrer, die wir in diesem Geschäft je gesehen haben.
00:42:46: Und nach einem Jahr
00:42:48: habe ich das verstanden.
00:42:53: Für mich kam es dann darauf an,
00:42:54: so nah wie möglich an Ayrton heranzukommen.
00:42:57: und die Tage zu nutzen, wo alles für dich passt. Aber in einem Titelkampf kann ich ihn nicht schlagen.
00:43:03: Als Gerhard 1993 zu Ferrari kam, warst Du bereits zwei Jahre da.
00:43:06: Ich meine, das 93er-Auto war nicht besonders gut.
00:43:10: Und es war da schon das zweite Jahr in Folge, dass Ferrari kein gutes Auto gebaut hatte.
00:43:12: Wie schwer war das für Dich?
00:43:14: Es war schwierig, weil, wissen Sie, in fünf Jahren
00:43:17: hatte vier verschiedene
00:43:21: Teamchefs bei Ferrari.
00:43:23: Auch die Ingenieure [Technikchefs]
00:43:24: haben ständig gewechselt. Wir hatten drei
00:43:27: in dieser Zeit.
00:43:28: Postlethwaite und Migeot, Barnard.
00:43:33: Dann kam noch Gustav Brunner.
00:43:34: Es war zu viel Durcheinander.
00:43:37: Wir hatten keinen klaren Plan. aber als Gerhard zum Team stieß
00:43:44: war ich echt sauer.
00:43:47: Da war Niki [Lauda]
00:43:49: Luca [di Montezemolo]
00:43:51: und Gerhard und die anderen beiden haben versucht einen Deal zu machen, um wie ich vorher schon sagte,
00:43:55: eine Vorzugsbehandlung zu bekommen.
00:44:01: und ich
00:44:07: sollte der zweite Fahrer dabei sein.
00:44:08: Weil ich zwei Jahre lang schon für Ferrari gefahren war,
00:44:13: immer mit Autos, die nicht konkurrenzfähig waren,
00:44:18: empfand ich es als ein Mangel an Respekt
00:44:24: mit mir so umzugehen. am Ende sagte Montezemolo, okay,
00:44:27: mach dir keine Sorgen, wir werden dich gute behandeln, und du bekommst von uns ein Formel-1-Auto.
00:44:32: Ich habe also ein Formel-1-Auto
00:44:35: in meinem Haus.
00:44:35: Das habe ich erst gestern erfahren.
00:44:37: Ich möchte die Hälfte davon.
00:44:42: Was waren Eure besten Zweikämpfe auf der Strecke?
00:44:45: Natürlich in der Ferrari-Zeit.
00:44:48: Da kommt mir einer in den Sinn, der für uns beide nicht gut ausgegangen ist.
00:44:51: Er hat eine lange Vorgeschichte.
00:44:55: Monza mit Ferrari zu gewinnen
00:44:58: ist das Größte. Du hattest das Privileg.
00:45:04: Es muss etwas
00:45:06: Einzigartig es sein.
00:45:07: Wir hatten vor dem Rennen eine Woche lang in Monza getestet.
00:45:10: Da hat mich Gerhard komplett
00:45:12: komplett verrückt gemacht.
00:45:15: Noch heute bin ich darüber verärgert.
00:45:19: Es gab da die Planke [unter dem Auto].
00:45:21: Und mit diesem Ascanelli
00:45:23: haben sie die Planke auf einen Millimeter abgefahren
00:45:26: Und hatten so natürlich mehr Abtrieb.
00:45:30: Bis zur Ascari-Kurve
00:45:33: waren unsere Rundenzeit fast identisch.
00:45:38: aber von dort bis zur Ziellinie durch die Parabolica war Gerhard fünf bis sechs Zehntel schneller.
00:45:43: Ich habe alles versucht und weißt du
00:45:46: die Parabolica ist heutzutage nicht mehr wie damals.
00:45:49: Damals gab es Gras auf der Außenseite. Da wolltest du keinen Crash haben.
00:45:52: Ich habe alles gegeben, aber Gerhard hat die Woche
00:45:57: mit einer sehr guten Rundenzeit abgeschlossen.
00:45:58: Und ich lag hinter ihm.
00:46:00: Ich sagte mir: Nein, nein, nein.
00:46:01: So kann ich nicht in den Grand Prix von Italien gehen.
00:46:04: Ich kann nicht. Ich kann nicht.
00:46:05: Und als wir dann zum Grand Prix kamen,
00:46:09: musste seine Planke auch fünf Millimeter dich sein.
00:46:14: So wie meine. Und dann war alles ganz anders als die Woche davor.
00:46:16: Okay. Also
00:46:20: das Rennen geht los.
00:46:22: Ich war nicht auf der Pole, aber wir waren nah dran.
00:46:26: Damon [Hill]
00:46:29: hatte einen Unfall mit
00:46:31: Michael [Schumacher]. Beide waren damit raus.
00:46:34: Ich lag damit vorn und bin am Limit gefahren. Und Gerhard immer hinter mir.
00:46:38: Und ich sagte zu mir: Dieses Mal wirst du nicht gewinnen.
00:46:41: Ich gebe mein Maximum und mache die ganze Zeit Druck.
00:46:46: Wir waren die ganze Zeit zusammen,
00:46:47: doch plötzlich sehe ich Rauch im Spiegel und Gerhard fliegt ab.
00:46:52: In der zweiten Schikane. Okay, dachte ich, jetzt kann ich es ruhig angehen lassen.
00:46:57: Ich wusste ja gar nicht, was hinter mir passiert ist.
00:46:59: Ich hatte meine TV-Kamera verloren,
00:47:02: und die Kamera flog in seine Aufhängung.
00:47:05: Das war großes Glück für Gerhard, Stell dir vor, die Kamera fliegt
00:47:09: auf den Helm.
00:47:14: Ich bin dann nur noch herumgerollt, um diesen italienischen Grand Prix zu gewinnen.
00:47:18: Doch dann gab es ein Problem mit einem Radlager, und ich musste aufgeben.
00:47:22: Das war für mich unser größter gemeinsamer Kampf.
00:47:28: Und für Dich
00:47:30: muss es ein beängstigender Moment gewesen sein.
00:47:32: Das war es, weil
00:47:35: die Kameras aerodynamisch wie ein Flügel gebaut waren.
00:47:37: Durch diese Form waren sie am vorderen Ende sehr spitz. Das hätte ziemlich böse enden können.
00:47:43: Und du weißt, vor der zweiten Schikane bist
00:47:46: Du mehr als 300 km/h schnell.
00:47:48: Das Ding kam wie eine Kugel angeschossen.
00:47:49: Du weißt nicht, wo es dich trifft. An den Kopf oder sonst wohin.
00:47:52: In dem Fall ist die Kamera in meine Vorderradaufhängung geflogen.
00:47:53: Aber das ist vielleicht nur einen Meter von Ihrem Kopf entfernt.
00:47:56: Also wie Jean schon sagte. Das war brutales Glück.
00:47:59: Es hat die Aufhängung
00:48:01: wie ein Messer durchgeschnitten.
00:48:02: Ja, ja, ja, ja, ja.
00:48:03: Habt Ihr in Monza nicht einmal ein Missverständnis im Training gehabt?
00:48:07: Oh, nein
00:48:09: Lass mich zuerst erzählen.
00:48:12: Weißt du was?
00:48:12: Du erzählst und ich geh ich gehe in der Zeit auf die Toilette.
00:48:15: Ich möchte ehrlich sein.
00:48:16: Also noch einmal
00:48:17: Wir haben die gleiche Geschichte, aber jeder erzählt sie anders.
00:48:21: Ich schlage vor: Wir haben hier zwei Büros.
00:48:23: Mach das Interview mit ihm dort, und dann komm zu mir.
00:48:28: Und dann kannst Du das zusammen in ein Video schneiden.
00:48:33: Wir hatten damals diese dumme Regel dass wir in der Qualifikation nur jeweils zwölf Runden zur Verfügung hatten.
00:48:38: Okay?
00:48:39: Und so war er sehr leicht zu verstehen
00:48:42: wer auf welcher Runde war
00:48:45: und wie viel noch übrigblieb.
00:48:50: Ich war auf meinem letzten Versuch, die Ziellinie überquert und
00:48:54: mein Ingenieur sagte mir: Du stehst auf Pole.
00:48:57: Aber pass auf,
00:49:00: Gerhard ist noch hinter dir.
00:49:02: Und als Gerhard auch über die Ziellinie war, sagte der Ingenieur, es war Lunetta,
00:49:05: Fantastisch. Du hast die Pole-Position.
00:49:09: Also öffnete ich meinen Sicherheitsgurt,
00:49:11: bin so halb aus dem Auto, um dem Publikum zu zuwinken.
00:49:15: Und plötzlich vor der Ascari-Schikane
00:49:17: sehe ich
00:49:19: eine Kanonenkugel in meinem Spiegel.
00:49:22: Ich weiß bis heute nicht, wie ich das sehen konnte.
00:49:26: Also ich zurück tief ins Auto rein und
00:49:27: sagte zu mir: Links oder rechts? Dann bin ich auf die falsche Seite ausgewichen.
00:49:31: Und Gerhard war schon neben mir.
00:49:34: Herr Berger war sauer darüber, weil ich auf der Pole stand.
00:49:37: Und er wollte nur so schnell wie möglich an die Boxen zurückfahren.
00:49:41: und dann sehe ich als Zuschauer vor mir
00:49:46: Wie er links, rechts einschlägt.
00:49:47: Ein gewaltiger Unfall.
00:49:49: Ich hatte Angst, ihn umgebracht zu haben, wissen Sie.
00:49:51: Ich schaue in den Rückspiegel, und er hat sich ein bisschen bewegt.
00:49:54: Da war ich erleichtert. Es sah so aus, dass er okay war. Ich bin dann zurück an die Boxen.
00:49:57: Jean Todt war sehr verärgert darüber. Die Mechaniker wollten alle wissen, was passiert ist.
00:50:01: Sie haben den Unfall nicht gleich [im Fernsehen] gezeigt.
00:50:03: In der Wiederholung sah es dann wirklich so aus, als würde er von hinten ankommen und ich ihn in die Leitplanke drücken.
00:50:07: Jean fragte mich, warum ich das gemacht habe.
00:50:11: Ich habe Gerhard wirklich nicht gesehen.Ich bin nur rumgerollt.
00:50:15: Dann ging ich in die Krankenstation, und Gerhard war natürlich sauer.
00:50:19: Schade, dass ich das Foto nicht habe.
00:50:21: Ja, danke.
00:50:22: Ich brauche so ein Foto von dir.
00:50:24: Es sah aus, als hätte er gerade die Rallye Paris-Dakar beendet.
00:50:28: Und dein
00:50:29: Teil der Geschichte?
00:50:30: Bitte? Dein Teil der Geschichte.
00:50:33: Er hat es
00:50:33: mit Absicht gemacht.
00:50:37: Die Geschichten stimmt, bis er sagt:
00:50:39: Dann überlege ich mir, ob ich nach links oder rechts ausweichen soll.
00:50:43: Aber er ist nach links gegangen, weil gesehen hat, dass ich mich für diese Seite entschieden hatte.
00:50:48: Selbst da
00:50:48: wollte er nicht akzeptierte
00:50:51: dass ich ihn überhole während er den Fans zujubelt.
00:50:53: Er wollte die erste Reihe für sich allein.
00:50:55: Wie groß war das Risiko zu Eurer Zeit?
00:50:58: War es noch groß? Natürlich, ja.
00:51:01: Ich meine, die siebziger und sechzigern Jahre waren noch schlimmer.
00:51:03: Ja. Ja. Okay. Ja. Aber
00:51:06: leider haben wir alle in Imola begriffen
00:51:08: wie groß das Risiko war,
00:51:11: Und von diesem Tag bis heute, und
00:51:16: es hat nie aufgehört
00:51:18: wurde die Sicherheit ständig verbessert.
00:51:21: Nicht nur bei den Autos, sondern auch die der Strecken.
00:51:24: Wir hatten schon sehr gefährliche Strecken.
00:51:28: Ja.
00:51:29: Manchmal wenn du heute
00:51:31: auf eine alte Rennstrecke kommst, auf der nicht mehr gefahren wird,
00:51:33: und sie nichts mehr daran gemacht haben, und es sieht immer noch wie damals aus.
00:51:37: Dann frage ich mich oft: Was, da sind wir gefahren?
00:51:39: Ja.
00:51:40: Und in Japan zum Beispiel, wo [mein Sohn] Giuliano fährt,
00:51:43: haben sie immer noch diese Art Strecken.
00:51:46: Das ist wie
00:51:47: Monza früher. Mit Gras als Auslaufzone und sehr hohen Kerbs.
00:51:51: Und jetzt
00:51:52: wird sich in Monza noch mal viel verändern.
00:51:55: In Imola [1994]
00:51:59: bist du gar nicht gefahren,
00:52:02: weil du kurz vorher selbst
00:52:03: bei Testfahrten in Mugello
00:52:06: einen schweren Unfall gehabt hast.
00:52:08: Ich habe mir bei dem Unfall [die Wirbel] C4 und C5 gebrochen.
00:52:12: Das war
00:52:13: mein schlimmster Unfall und mein größtes Glück.
00:52:16: Okay.
00:52:16: bei Dir, Gerhard, war es der Unfall 1989 in Imola.
00:52:19: Oder gab es noch einen anderen, der schlimmer war?
00:52:23: Zu dieser Zeit hatten wir so viele Unfälle,
00:52:25: dass man viele gar nicht gesehen hat, weil sie nicht von einer Kamera erfasst wurden.
00:52:30: Die Rahmenbedingungen waren so anders.
00:52:33: Wir hatten viele Unfälle, weil die Autos und Materialien
00:52:39: nicht so gut aus entwickelt waren wie heute.
00:52:40: Heute kann man alles berechnen.
00:52:43: Die Teams haben Simulationen, sie haben Prüfstände, und so weiter.
00:52:46: Alles wird bereits zu Hause erledigt.
00:52:50: Wenn die Fahrer dann in ihr Auto bekommen, ist es zuverlässig
00:52:52: und jederzeit sicher.
00:52:56: In unserer Zeit waren wir der Prüfstand.
00:52:59: Mit den Reifen, den Bremsen, der Aerodynamik.
00:53:04: Wenn du dann neue Teile bekommen hast, ist es eben passiert, dass der Flügel abgebrochen ist,
00:53:09: oder die Bremsscheibe explodiert oder der Reifen geplatzt ist. Und natürlich immer im Moment der höchsten Belastung.
00:53:13: Also auch mit der höchsten Geschwindigkeit.
00:53:15: Und daraus sind dann schrecklichen Unfälle entstanden.
00:53:20: Du hast nur davon erfahren, wenn sie dir einer erzählt hat, weil es keine Kamera zur Stelle war.
00:53:25: Bei Testfahrten sowieso nicht.
00:53:27: Ich hatte viele, viele Unfälle und ich kann Dir wirklich nicht sagen
00:53:30: welcher der schlimmste war.
00:53:34: Manche waren gefühlt nicht so schlimm,
00:53:37: aber du warst näher an einer Katastrophe dran als bei Unfällen, die schlimmer ausgesehen haben.
00:53:40: Aber der spektakulärste Unfall
00:53:43: im Fernsehen war mein Crash in Imola.
00:53:49: Aber trotz aller Gefahr war es auch eine Zeit für Späße.
00:53:52: Wenn in einem Team mit Gerhard oder mit Nelson [Piquet] gefahren bist,
00:53:58: konnte man sich nie sicher sein, zum Opfer dieser Späße zu werden. Nelson war der Schlimmste.
00:54:01: Ich sehe das anders. Wir haben keine Späße gemacht.
00:54:05: Er war immer eine Folge von
00:54:08: bestimmter Situationen. Und das wurde dann zum Spaß.
00:54:11: Zum Beispiel....
00:54:12: Das ist eine gute Erklärung.
00:54:15: Ja.
00:54:15: Wir haben nicht versucht, uns bei diesen Späßen zu überbieten.
00:54:17: Aber sie sind aus gewissen Situationen
00:54:21: heraus entstanden.
00:54:23: Als wir zum Beispiel einen Unfall mit dem Auto von Jean Todt hatten.
00:54:27: Und du behauptet, dass ich schuld sei.
00:54:30: Weil du.
00:54:31: Er hat zu Jean gesagt...
00:54:33: Pass auf...
00:54:34: Um es ein für alle Mal klarzustellen: Du warst immer schuld.
00:54:35: Nicht nur ein Mal.
00:54:38: Gut ja.
00:54:39: Also, gab es ein neues Auto, gerade fertig geworden.
00:54:44: Herr Berger wollte unbedingt damit
00:54:47: in Fiorano fahren.
00:54:47: Ich war fertig mit meiner Arbeit und wollte nicht in Fiorano fahren.
00:54:50: Ich wollte einfach nicht.
00:54:55: Ich hatte an dem Tag die Nase voll.
00:54:58: Wir reden hier von einem neuen Formel-1-Auto?
00:55:00: Ja, ja genau.
00:55:01: Formel 1.
00:55:01: Ich habe gehört wie Gerhard mit dem Auto gefahren ist. Der V12 war ja nicht zu überhören.
00:55:05: Und plötzlich nach vielleicht
00:55:08: 20 Minuten kam er ins Büro und ich fragte, ob es vorbei sei.
00:55:12: Er sagte, nein, sie ändern nur etwas am Auto.
00:55:13: Ich musste noch ein paar Sachen mit Jean [Todt] erledigen.
00:55:17: Da hat er mich gefragt, ob
00:55:20: ich ihn zur Rennstrecke zurückbringen kann.
00:55:24: Ich sagte: Kein Problem.
00:55:27: Ich hatte aber kein Auto dabei. Als ich aus dem Büro kam,
00:55:31: sehe ich Jean Todts Auto. Es war das erste das herumstand.
00:55:33: Wir wussten nicht, dass es Jean Todts Auto war. Es war ein Lancia.
00:55:35: Ich wusste es.
00:55:37: Aha, du hast es gewusst. Ja, er hatte mir von dem Auto erzählt.
00:55:40: Es hatte einen speziellen Lederbezug und eine spezielle Farbe.
00:55:44: Drinnen war alles etwas Besonderes.
00:55:49: Ich habe den Motor angelassen,
00:55:50: Gerhard saß auf dem Beifahrersitz.
00:55:52: Er legte den Sitz maximal bis zum hinteren Anschlag. Sicherheitsgurte an und dann der Befehl:
00:55:56: Gib Gas. Okay.
00:56:00: Also sind raus auf die Straße gefahren,
00:56:03: wirklich schnell,
00:56:05: Dann die erste Kurve hat er die Handbremse gezogen?
00:56:08: Das Auto stand quer und begann
00:56:11: herumzurutschen. Nicht so angenehm.
00:56:15: Ich dachte, er hat jetzt verstehen, dass keine gute Idee war
00:56:18: und dass er es nicht noch mal macht.
00:56:20: Dann kamen wir zu der Straße, wo am Ende das Tor zur Strecke von Fiorano ist.
00:56:24: das Spiel war, zu hupen und zu hoffen, dass sie das Tor öffnen.
00:56:29: Ja.
00:56:29: Und du bist
00:56:32: auf das Tor zugefahren, und es hat sich.
00:56:34: langsam, langsam geöffnet, bis die Lücke groß genug für das Auto war, und wir sind mit Vollgas durch.
00:56:37: War, hatten also
00:56:37: ordentlich Geschwindigkeit drauf.
00:56:42: Kurz vor dem Haus von Enzo hat er noch einmal an der Handbremse gezogen.
00:56:47: Und es hat das Auto hin und hergeworfen,
00:56:48: und es war wohl die Magie der Physik,
00:56:52: Bis heute weiß ich nicht, was wirklich passiert ist.
00:56:55: Als ich das Auto abbremsen wollte, musste ich kurz bremsen.
00:56:57: Aber ich hatte immer noch den Fuß auf der Bremse
00:57:00: und das Auto hat einen Vorwärts-Salto gemacht.
00:57:05: Unglaublich.
00:57:06: Wie eine Pizza.
00:57:08: Oder?
00:57:10: Wir lagen auf dem Dach,
00:57:14: der Kopf unten, die Knie oben. Ich schaue Gerhard an und frage ihn:
00:57:16: Geht es dir gut?
00:57:17: Ja, aber das Dach berührte das Lenkrad. Dann kamen schon die Mechaniker angerannt.
00:57:22: Sie haben den Kofferraum geöffnet, damit wir aussteigen konnten.
00:57:27: Erst Gerhard, dann ich selbst.
00:57:28: Ich hatte eine kleine Schnittwunde am Kopf.
00:57:31: Sie brachten mich zum Krankenwagen, weil der Krankenwagen direkt hinter uns stand.
00:57:36: Und in diesem Moment, oder
00:57:39: vielleicht zwei Minuten später kamen
00:57:42: Jean Todt, John Barnard und Montezemolo
00:57:45: mit einem Auto an, um die Testfahrten zu beobachten.
00:57:49: Die Mechaniker hatten das Unfallauto schon abgedeckt. John Barnard sagte: Das ist bestimmt ein Prototyp.
00:57:55: Und wir sagten: Nein, nein, nein, nein, es ist alles okay.
00:57:58: Dann sagt Gerhard plötzlich
00:57:58: zu Jean Todt:
00:58:01: Hast du schon
00:58:03: mit Jean
00:58:06: gesprochen?
00:58:07: Er hatte einen Unfall.
00:58:10: Und Jean sagte: was für einen Unfall?
00:58:12: Du hattest doch einen.
00:58:14: Wir hatten einen.
00:58:15: Du bist gefahren.
00:58:19: Als Jean die Wahrheit herausfand, war es ein
00:58:24: großer Skandal. Nicht wegen des Unfalles, aber weil wir dabei sein Auto zerstört haben.
00:58:30: Wir haben diese Geschichte noch nie so im Detail erzählt.
00:58:34: Eigentlich nie.
00:58:36: In Italien wollte die Medien natürlich alles darüber wissen.
00:58:38: Es gab ja keine Bilder, nichts.
00:58:43: In Autosprint haben sie eine Zeichnung gemacht,
00:58:44: eine Karikatur. Da das kaputte Auto, und daneben Jean Todt, wie er sich die Haare rauft.
00:58:49: Ich schätze, er war nicht sehr glücklich darüber.
00:58:50: Es war sehr verärgert.
00:58:53: Andere Geschichten, was war das
00:58:54: mit dem Hund, der da im Wohnmobil in Deinem Raum war?
00:58:59: Ja.
00:58:59: Als Gerhard bei Ferrari ankam, die Königin
00:59:02: von Österreich,
00:59:06: Er hat gleich mal einen Raum belegt und
00:59:08: seinen roten Overall dort aufgehängt
00:59:10: Da habe ich gedacht: Warte ab...
00:59:12: Ich hatte zu der Zeit eine französische Bulldogge,
00:59:16: Und habe den Hund zu ihm ins Bett gelegt.
00:59:20: Der Hund hat überall Haare gelassen.
00:59:24: Als Gerhard das Motorhome betrat,
00:59:27: ich konnte das durch das Nebenzimmer beobachten,
00:59:29: ist er die Treppe rauf
00:59:32: und hatte auf einmal den Hund vor seinem Gesicht.
00:59:36: Er ist sofort wieder umgedreht
00:59:38: und hat mit den Armen
00:59:40: gefuchtelt.
00:59:42: An welchen Streich erinnerst du dich zuerst?
00:59:44: In Jerez? Nein, mir kommt da eine Geschichte, weil Jean das mit der
00:59:48: TV-Kamera in Monza erzählt hat. Ich erinnere mich an einen Grand Prix in Hockenheim.
00:59:53: Und normalerweise lagen wir,
00:59:57: wenn jeder seinen guten Tag hatte, innerhalb einer Zehntelsekunde.
01:00:01: Mal war er etwas schneller oder umgekehrt.
01:00:04: Deshalb sind wir im Rennen oft in einem Zweikampf gelandet
01:00:07: wie du schon gesagt hast.
01:00:09: In Hockenheim lag er vor mir.
01:00:12: Ich konnte nicht schneller fahren und ich war jede Runde unter seinem Getriebe am Limit,
01:00:17: aber es gab keine Möglichkeit, ihn anzugreifen. Keine Chance.
01:00:21: Dann habe ich mir überlegt, wie ich an ihm trotzdem vorbeikomme.
01:00:24: Und irgendwann sagte ich mir: Es ist einen Versuch wert.
01:00:27: Also funke ich an die Box, um Jean Todt zu bitten
01:00:31: Jean zu sagen, dass er
01:00:34: auf die Seite fahren soll?
01:00:37: Weil ich dann viel schneller fahren könnte.
01:00:40: Und so die vor uns einholen könnte.
01:00:43: Lass es uns versuchen.
01:00:44: Man weiß es nie.
01:00:46: Zwei Runden später sah ich,
01:00:48: wie er rechts ran fährt.
01:00:51: Also gehe ich vorn vorbei. Und
01:00:56: alles blieb ruhig.
01:00:57: Ich dachte, das funktioniert ja gut.
01:01:00: Wir hatten ein anderes Rennen in Estoril.
01:01:01: In der gleichen Saison, etwas später. Wieder die gleiche Geschichte.
01:01:04: Er vor mir. Ich unter seinem Getriebe.
01:01:07: Keine Möglichkeit, ihn anzugreifen.
01:01:09: Also habe ich
01:01:09: Jean Todt wieder angefunkt.
01:01:12: Dieses Mal konnte ich schon auf der Gerade
01:01:15: von hinten sehen
01:01:16: wie sein Helm hin- und hergeflogen ist
01:01:19: nur um zu schauen, wo ich bin.
01:01:22: Es hat wieder geklappt.
01:01:23: Aber in diesem Moment hat er kapiert.
01:01:26: was da für ein Spiel gespielt wurde, nach dem Rennen kam Jean zu mir und
01:01:30: er schaut mir ins Gesicht und will wissen:
01:01:32: Du hast aber nicht gefragt, oder?
01:01:35: Damit ist das Ganze explodiert.
01:01:39: Du warst ziemlich sauer.
01:01:40: Noch mal Estoril.
01:01:43: Wir hatten ein Rennen, und wir lagen vorn.
01:01:45: Um vier Uhr morgens
01:01:47: musste ich auf die Toilette.
01:01:51: Da habe ich Jean im Zimmer angerufen und ihm gesagt,
01:01:54: dass die Sommerzeit zu Ende ist
01:01:58: und er seine Uhr umstellen soll.
01:02:02: Du hast dich am nächsten Morgen ziemlich beschwert.
01:02:05: Nein. Wir...
01:02:07: Wir hatten Spaß, weil wir
01:02:09: geliebt haben, was wir taten, und wir hatten
01:02:13: ein schönes Leben. Ja.
01:02:15: Aber du hast das Richtige gesagt, weil manchmal,
01:02:19: speziell auch mit Ayrton,
01:02:21: haben wir viele Späße gemacht. Ich rede aber nur ungern von Späßen.
01:02:25: Wir hatten damals auf der Rennstrecke wirklich harte Kämpfe, mit Ayrton, mit Dir.
01:02:28: Es war so gefährlich und
01:02:33: mental ein so harter Wettbewerb mit Prost, mit Mansell, mit Senna.
01:02:38: Deshalb trifft es das Wort "Scherze"
01:02:41: nicht richtig.
01:02:44: Wie Jean schon gesagt hat,
01:02:46: das war es nicht.
01:02:47: die meisten Dinge sind einfach so passiert
01:02:49: als Konsequenz einer bestimmten Situation.
01:02:52: So eine Art Ablassventil?
01:02:55: Ja, ja, vielleicht, ja, ja.
01:02:58: Du bist dann zu Benetton gegangen.
01:03:00: Warum?
01:03:01: Spielte da Michael Schumacher eine Rolle. Brauchte Ferrari dein Cockpit für ihn?
01:03:04: Es war ganz einfach.
01:03:06: Als Michael bei Ferrari unterschrieben hat,
01:03:10: musste ich gehen.
01:03:11: Er hatte das Recht seinen Teamkollegen auszusuchen.
01:03:16: Da war von vornherein klar. Er wird die Nummer eins sein.
01:03:20: Und der zweite Fahrer, [für den bleibt nichts übrig].
01:03:21: Für mich gab es keinen Platz mehr.
01:03:25: Und um ehrlich zu sein, ich fand das
01:03:32: sehr ungerecht.
01:03:33: Und eine Zeit lang habe ich mich deshalb mit Jean Todt gestritten.
01:03:39: Es war unfair, wie es passierte.
01:03:44: Alles war schon gemacht. Ich wusste davon, weil in der Zwischenzeit
01:03:49: Flavio [Briatore] schon zugegeben hatte, dass er hatte sich mit Jean getroffen.
01:03:55: Ich wusste also durch Flavio Bescheid.
01:04:00: Aber, weißt du, mir gefiel die Art und Weise, wie es dann herausgekommen ist
01:04:06: Vielleicht war ich ein bisschen zu aggressiv zu Jean,
01:04:10: als ich ihm
01:04:14: meine Unzufriedenheit darüber mitgeteilt habe.
01:04:16: Aber Du hast nicht damit gerechnet,
01:04:17: dass Gerhard auch noch zu Benetton kommt?
01:04:18: Wie hast du davon erfahren?
01:04:20: Als ich [bei Benetton] unterschrieben habe und alles in Ordnung war, da hat mich
01:04:24: Flavio angerufen und gesagt:
01:04:27: Ich weiß jetzt Deinen Teamkollegen. Willst Du ihn auch wissen?
01:04:31: Ja klar.
01:04:33: Er hat gesagt, dass es Gerhard ist. Ich dachte, der macht einen Witz.
01:04:36: Aber kein Problem.
01:04:39: Warum bist du dann auch noch zu Benetton gegangen? Du hättest [bei Ferrari] bleiben können.
01:04:42: Ja. Ich hatte einen Vertrag.
01:04:44: Weißt du, ich hatte eine Option auszusteigen, die Ferrari nicht hatte.
01:04:47: Sie haben nicht damit gerechnet. Das Team sollten Michael und ich sein.
01:04:51: Und es war ganz einfach.
01:04:53: Als ich mit Ayrton zusammen war, habe ich gelernt.
01:04:57: Bereite dich auf so eine Situation richtig vor.
01:04:59: Also ging ich zum Team und sagte,...
01:05:03: Nein, zuerst haben sie die Geschichte mit Michael sehr geheim gehalten.
01:05:07: Wir waren bei irgendeinem Rennen
01:05:08: und ich habe der Presse erzählt, dass Michael bei Ferrari unterschrieben hat, obwohl ich es gar nicht sicher wusste.
01:05:14: Am nächsten Tag große Ding, große Story, Michael für Ferrari unterschrieben.
01:05:19: Dann hat mich Montezemolo angerufen. Er schreit so am Telefon,
01:05:22: dass ich den Hörer weit weghalten musste.
01:05:23: Was ich da rede, fragt er...
01:05:24: Das alles sei nicht wahr.
01:05:26: In diesem Moment wusste ich: Es ist wahr. Also ja, okay.
01:05:30: Also fange ich an zu überlegen, was ich tun muss, um für Michael richtig vorbereitet zu sein.
01:05:35: Und, und, wir war klar, dass Michael, ein Typ ist
01:05:39: mit dem es nicht einfach sein würde.
01:05:42: Die Geschichte ist simpel.
01:05:45: Ich ging zum Team, um eine gute Lösung für mich zu finden.
01:05:48: Ich sagte: Alles gut für mich, aber ich will Ascanelli als meinen Ingenieur.
01:05:51: Sie haben gesagt: Wir können Dir Ascanelli nicht geben.
01:05:54: Ascanelli muss über allen anderen [Ingenieuren] stehen.
01:05:57: Ich sagte nein, ich will ihn an meinem Auto haben.
01:05:59: Und da ich war mir nicht sicher , ob sie mir die Wahrheit sagen
01:06:03: Wenn er wirklich oben drüber gestanden wäre, hätte ich vielleicht darüber nachgedacht.
01:06:07: Aber ich hatte so ein bisschen den Verdacht, dass es mir wie mit Senna geht.
01:06:10: Dass er am Ende bei ihm [Michael] landet.
01:06:12: Da habe ich zu ihnen gesagt: Okay, danke, bye-bye.
01:06:14: Und dann habe ich aus irgendeinem Grund Flavio getroffen.
01:06:19: Und okay, dann fahre ich halt wieder mit Jean.
01:06:22: Und offen gesagt war es großartig
01:06:24: mit Rory [Byrne] und Ross [Brawn] und der ganzen Mannschaft, die.
01:06:28: Michael bei Benetton hatte, war ich sehr zuversichtlich.
01:06:33: Ja.
01:06:33: Und es gab da viele Leute, die
01:06:35: ich noch aus meiner früheren Zeit [bei Benetton] kannte. Wie Jean schon sagt, Rory
01:06:40: und Ross und Jan Villadelprat.
01:06:43: Es war ein großartiges Team, Was wir beide aber unterschätzen, haben
01:06:49: Wie viele Michael bereits auf seine Seite gezogen hatte. dass sie ihm [später] zu Ferrari folgen.
01:06:53: Ja, sie sind gegangen nach...
01:06:56: Ich hatte Rory und Ross
01:06:59: nur beim ersten Rennen. Und dann sind sie gegangen.
01:07:03: Aber was komisch war, und das weißt du wahrscheinlich nicht.
01:07:05: Als Flavio versucht hat, mich ins Team zu holen
01:07:10: sagte ich zu ihm: Okay, ich komme.
01:07:14: Aber ich möchte Pat Symonds als meinen Ingenieur. weil ich Pat sehr gut kannte.
01:07:17: Von früher, als ich schon mal bei Benetton war. Er war bei Teo Fabi am Auto, und ich hatte einen anderen Ingenieur.
01:07:21: Ich sagte dieses Mal, will ich Symonds haben.
01:07:25: Und Flavio war ehrlich. Er sagte mir:
01:07:28: Ich habe Jean [Alesi] Pat versprochen, und das kann ich jetzt nicht mehr ändern.
01:07:32: Und ich habe wirklich.
01:07:33: alles versucht, ihn zu überreden.
01:07:33: Ja.
01:07:34: Pat war großartig. Ich war so glücklich, ihn zu haben.
01:07:39: Er ist ein super guter Kerl.
01:07:40: Ja, aber selbst Pat geriet in Schwierigkeiten, als alle gingen.
01:07:44: Ja.
01:07:45: Und es war wahrscheinlich nicht das beste Auto in diesen zwei Jahren.
01:07:48: Es war es auf einigen Strecken ein gutes Auto....
01:07:51: Nein, in unserer Zeit [bei Benetton] war die Basis [des Autos] gut.
01:07:57: Die Basis war gut.
01:07:59: Aber du brauchst eine gute Entwicklung im Hintergrund.
01:08:02: Wir bekamen gleich von Beginn an diese Probleme
01:08:05: mit den Federn an der Hinterachse die mich übrigens den Sieg in ...
01:08:10: Kannst du dich noch erinnern?
01:08:12: In Österreich, nein Argentinien ist dir hinten die Aufhängung kaputt gegangen.
01:08:17: Ich kann mich nicht erinnern. Mir ist das gleiche in Monaco passiert.
01:08:20: Und Monaco, das wäre mein Rennen gewesen.
01:08:21: Das Rennen hättest du sonst gewonnen. Ja...
01:08:22: Also, wir hatten keine Entwicklung mehr am Auto.
01:08:25: Weil die Leute alle weg waren. aber die Basis [des Autos]
01:08:29: war nicht schlecht.
01:08:30: Ja.
01:08:30: Sie war nicht schlecht.
01:08:33: Ich habe ....
01:08:37: viel Zeit darauf verwendet, darüber nachzudenken was in diesen letzten zwei Jahren passiert ist.
01:08:40: Denn am Ende des Tages waren wir dort nie wirklich glücklich.
01:08:43: Du nicht, ich nicht.
01:08:45: Ja, weil so viele Leute gegangen sind.
01:08:46: Ja, sie sind gegangen, aber dieses Team war ein Weltmeister-Team mit Michael.
01:08:50: Jeder hatte immer noch dieses Weltmeister-Team vor Augen.
01:08:53: Und natürlich haben alle gesagt. Jetzt ist Michael weg.
01:08:57: Wir beide sind jetzt da.
01:08:58: Also müssen sie der Grund sein, warum wir nicht mehr die Meisterschaft gewinnen.
01:09:02: Tatsächlich aber gab es noch viel mehr Gründe dafür.
01:09:06: Okay.
01:09:06: Aber ich will auch fair sein. Von meiner Seite aus
01:09:10: war es das Ende meiner Karriere. Und ich erinnere mich noch gut daran, wie ich jung war.
01:09:14: Da war es mir egal, ob die Pedale so oder so standen.
01:09:17: Ob ein Spiegel am Auto war oder nicht. Mir war nur wichtig, die nächste Kurve voll zu fahren.
01:09:22: Später in meiner Karriere änderte sich das. Dann hast du dir im Detail überlegt, was besser für dich war.
01:09:26: Und in dieser Phase [meiner Karriere] war ich bereits.
01:09:30: Ich muss sagen, dass auch von mir
01:09:34: mehr das Beste kam, das ich hätte geben können.
01:09:38: Aber gleichzeitig muss ich Jean recht geben.
01:09:41: Ohne all die Leute, die zu Ferrari gegangen sind, war dieses Team nicht mehr das gleiche
01:09:48: wie das, das wir mit Michael gesehen haben.
01:09:51: Bei mir war es anders. Ich habe wirklich hart dafür gearbeitet,
01:09:54: auch weil es mir
01:09:58: peinlich war,
01:10:00: dass in der Öffentlichkeit behauptet wurde, weil es auch so ausgesehen hat,
01:10:03: dass wir in einem Siegerteam gefahren sind, aber nicht gewinnen konnten.
01:10:07: Das war sehr hart und
01:10:12: Ich habe es versucht.
01:10:14: Aber keine Chance...
01:10:15: War es die schwierige Entscheidung, Gerhard, als Du Deine Karriere beendet hast?
01:10:20: Warum hast du im Gegensatz zu Jean, der nach seiner Formel-1-Karriere
01:10:24: noch DTM, Le Mans und sogar das Indy 500 gefahren ist
01:10:28: ganz mit dem Rennfahren aufgehört?
01:10:30: Warum war es so?
01:10:34: Du weißt, für mich
01:10:37: war die Formel 1 das Größte.
01:10:41: Und ich hatte Glück
01:10:44: in der Formel 1 für die besten Teams zu fahren und Rennen zu gewinnen.
01:10:48: Und ich wollte einfach nicht in andere Kategorien absteigen und für mich
01:10:54: war das Fahren nicht mehr so wichtig, dass ich das unbedingt tun musste...
01:10:58: Dass ich unbedingt in einem Auto sitzen musste.
01:10:59: Und ich muss sagen, anderen beim Fahrern zuzuschauen.
01:11:04: Ich muss mir nicht wie der Dieter Quester im Alter von 80 Jahren jedes Wochenende eine Herausforderung suchen.
01:11:07: Wo er vielleicht irgendwo fahren könnte.
01:11:12: Ich sagte mir damals:
01:11:13: Das war ein Abschnitt deines Lebens und jetzt beginnt ein anderer.
01:11:17: Lass uns etwas Neues machen.
01:11:19: Andere Dinge, die mir Spaß machen und in denen ich mich beweisen kann.
01:11:22: Jean, warum hast du diese Karriere nach Deiner Formel-1-Karriere noch gebraucht?
01:11:26: Warum bist du dann in der DTM gefahren?
01:11:28: Erstens
01:11:31: Ich wollte nicht aufhören.
01:11:33: Ich habe wegen der Situation bei Jordan aufgehört.
01:11:36: Ich bin in meinem ersten Grand Prix Vierter geworden
01:11:41: und wollte nicht bei Teams wie Minardi enden.
01:11:47: Teams, die keine konkurrenzfähigen Autos hatten oder nicht die Möglichkeiten hatten
01:11:50: halbwegs konkurrenzfähig mitzufahren.
01:11:54: Das war nicht mein Ziel.
01:11:55: Deshalb habe ich mit 37 Jahren aufgehört.
01:12:02: Dann kam Norbert Haug und hat mir einen DTM-Test angeboten.
01:12:06: Meine erste Reaktion war: Nein, nein, nein, nein.
01:12:10: Das passierte in Suzuka [meinem letzten Grand Prix].
01:12:12: Aber als ich wieder zu Hause war, hat er mich wieder angerufen.
01:12:16: Er sagte: Das Auto ist fertig, Du testest in zwei Wochen.
01:12:21: Ich sagte, okay, ich mache es.
01:12:26: Und dann hatte ich die beste Zeit meiner Karriere in der DTM.
01:12:30: Norbert war phantastisch, Mercedes großartig.
01:12:35: Ich bin gegen die junge Generation gefahren.
01:12:38: Sie haben mich angeschaut wie einen Dinosaurier. Auch wie ich mit Norbert geredet habe,
01:12:43: Weil Norbert mit den jungen Fahrern sehr streng war.
01:12:47: Es war einfach eine tolle Atmosphäre.
01:12:50: Warum hast Du zum Abschluss Deiner Karriere noch so eine verrückte Sache wie das Indy 500 gemacht?
01:12:54: Wenn sich morgen die Gelegenheit dazu ergeben würde, ich würde es wieder machen.
01:12:58: Ich bin mit Leib und Seele Rennfahrer.
01:13:02: Als du mich vorher gefragt hast,
01:13:05: was Jean's besonderen Fähigkeiten waren,
01:13:11: dann waren es nasse
01:13:12: Bedingungen oder das Spätbremsen.
01:13:16: Keiner hat so spät gebremst wie er.
01:13:20: als ich gelesen hatte, dass Jean Alesi in Indy fahren will, habe ich ihn angerufen.
01:13:23: Erklär mir mal, du gehst nach Indianapolis
01:13:29: und deine starken Seiten sind das Bremsen und das Fahren im Regen.
01:13:34: Beides brauchst du nicht bei diesem Rennen.
01:13:36: Im Regen fahren sie nicht und Bremsen musst du nicht.
01:13:38: Warum also gehst du dahin?
01:13:40: Es war eine fantastische Erfahrung, außer natürlich, dass wir nicht konkurrenzfähig waren.
01:13:44: Der Motor war nicht gut.
01:13:45: Der Respekt...
01:13:50: Und da bin ich extrem sensibel. Der Respekt unter den Fahrern dort war sehr hoch.
01:13:55: Alle wissen, wie wichtig es ist Respekt voreinander zu haben.
01:13:59: weil du die ganze Zeit
01:14:02: mit 350 bis 400 km/h unterwegs bist.
01:14:05: Das ist verrückt.
01:14:07: Der Speed auf dieser Strecke
01:14:10: ist unglaublich. Am Fernseher sieht das alles unheimlich breit aus.
01:14:14: Die Kurven sehen lang aus.
01:14:17: Du hast keine Chance, in die Spiegel zu schauen.
01:14:20: Deshalb brauchen alle einen Spotter.
01:14:22: Weil wenn du in den Spiegel schaust, bist du schon in der Mauer.
01:14:24: Es ist so schnell.
01:14:25: Und die Kurven... Das sind vier unterschiedliche Kurven.
01:14:28: Auch wenn sie alle gleich ausschauen.
01:14:30: Es war wunderbar.
01:14:31: Ich liebte es.
01:14:34: Ich liebe es.
01:14:35: Alles zu seiner Zeit.
01:14:38: Ich habe es gemacht.
01:14:39: Es war meine persönliche Midlifekrise.
01:14:42: Das ist ein schönes Schlusswort, Jean.
01:14:43: Vielen Dank an Euch beide.
01:14:45: Ich glaube, das waren wunderbare Geschichten und es war wirklich interessant, euch zuzuhören.
01:14:49: Danke noch mal.